Donnerstag, 3. Januar 2013

drei dinge, die ich in drei tagen gelernt habe.

die ersten drei tage des jahres 2013 waren durchaus erhellend. meinen ersten aha-moment hatte ich, als sigi maurer, ihres zeichens gruene/gras und unibrennt/oeh-aktivistin, tweetete, dass sie das neujahrskonzert nicht mag, weil das orchester "zu konservativ" sei, "zu wenige frauen und migrant_Innen" darin spielen, man "zu wenig neue sachen" auffuehre und weil herr welser-moest ihr "unsympathisch" sei. als man sie darauf hinwies, dass der aufnahmeprozess vollkommen anonymisiert sei und man staendig urauffuehrungen spielte (allein elf im rahmen des kritisierten konzertes), begann das uebliche um-den-heissen-brei-herum-argumentieren, weil man "das ja so und so" meinte. ein "okay, ich habe mich geirrt" kam ihr freilich nicht ueber die finger, lediglich ein "ich kenn mich da ja nicht so aus". ein orchester mit mehrheitlich maennern kann ja nur kackscheisse sein. thema erledigt, nach den lobo-verbots-verfahren ein weiteres gustostueckerl zum zustand der gruenen partei in oesterreich.

weiter ging es am mittwoch. das motto der wiener antifa (unter anderem zum thema akademikerball) lautet "auch heuer moegen wir die nation und seine menschen nicht". schoen. als ich auf twitter diesen slogan als "das duemmste, was euch je eingefallen ist" kritisierte, wurde mir gesagt, dass das schon passt, wenn es "leute wie mich" provoziert und ausserdem von 1993 sei. auch schoen. auf weiterfuehrende nachfrage, wie man eigentlich "nation" definiert und warum man was daran schlecht findet, erklaerte man mir, dass man "darueber noch reden kann" ABER, dass nationalisten (lies: boese menschen) das fuer sich schon definiert haben. fazit: "die nation" ist ein nicht weiter festgelegter begriff, den man pauschal und agressiv ablehnt und bekaempft, ohne das im vorfeld eigentlich klar definiert zu haben.

der eigentliche knaller kam dann heute. gestriger antinationalist fragte, wie das so mit arbeitlosengeld, sozialhilfe und so weiter nach dem studium ausschaut. etwas schmunzelnd entgegnete ich, dass man als aufrechter staatsfeind doch nicht sein auf ausbeutung und unterdrueckung aufbauendes sozialsystem in anspruch nehmen wolle. jemand drittes schaltete sich dann mit folgenden bemerkungen ein:

1. natuerlich soll man das, weil sonst hat man kein geld, das abzulehnen fordern nur zynische und "identitaere" (aha) menschen.
2. wenn man als "linker" das nicht in anspruch nimmt, aendert das ja nichts, als einzelner kann man ja nichts veraendern.
3. auch wenn man waren aus kinderarbeit boykottiert hat das nur den effekt, dass diese dann nur arbeitslos werden. (hier ging es etwas offtopic, aber es ist einfach koestlich)
4. den staat kann man ja mit bestem gewissen finanziell ausnehmen.
5. wer arbeiten geht, ist ein sklave.
6. kommunismus hat ja nichts mit arbeitern zu tun, weil wer arbeiten geht, ist nur dem staat zutraeglich.

besonders nummer sechs versetzte ich mich in nicht wenig erstaunen, da der kommunismus urspruenglich als "herrschaftssystem des arbeiters bei aufhebung aller klassen unter supervision eines gerechten staates" gegruendet wurde. es mag ja verschiedene lesearten und mutationen - vom stalinismus über roten khmer bishin zum juché - geben, aber diese grundformel hat man eigentlich ueberall gleich verstanden. heute bedeutet kommunismus aber, ich zitiere: kommunismus = "Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt".

das eroeffnet jetzt natuerlich die frage, wie man das verstehen darf. eine meta-revolution ohne anspruch auf verwirklichung? eine sich selbst aufloesende form der ideologie, sobald sie ihr ziel erreicht hat? die "ewige revolution", von der roehm und strasser einst getraeumt haben? und: wenn man "den jetzigen zustand aufheben" will, wie kann man es da noch rechtfertigen, von diesem zu profitieren?

ich weiss schon, kommunismus ist in der oesterreichischen linken schon weitgehend passé. gruppierungen wie die slp bevorzugen einen proto-faschismus, unibrennt/refugeeaction/antifa/indymedia sind eher schon auf den anarchismus-zug aufgesprungen (eine urspruenglich noch viel radikalere arbeiterideologie, wo man den staat zugunsten von selbstverwaltung ausschalten wollte, denn, wie bakunin sinngemaess einemal sagte: "sozialismus ohne freiheit ist sklaverei" - er sollte recht behalten) und gerade deshalb darf man aus diesem eck keinerlei bewegung erwarten. selbstbeweihraeucherung und das zergehen in unwichtigen details definieren die politische arbeit in diesem spektrum und vor der realitaet verschliesst man die augen, selbst, wenn man die moeglichkeit haette, diese zu veraendern, denn: als einzelner kann man nichts ausrichten (sprach die ganze welt und klagte ueber sein unglueck). aber dann wundern, dass die mehrheit der zielgruppe (prekaere, arbeitslose, arme, arbeiter, kleingewerbetreibende) langsam in richtung rechts abwandert.