Dienstag, 25. Oktober 2011

oesterreichischer positiv-revisionismus.

es ist eigentlich ziemlich eigenartig: in oesterreich lebt man eine kultur der erinnerung. kaum ein bereich des dritten reiches und der rolle von oesterreichern in diesem, welcher nicht von allen seiten ausgiebig beleuchtet wird. das nachrichtenmagazin „profil“ bringt gefühlt alle zwei wochen einen entsprechenden cover (zuletzt: „berg heil!" über die rolle der alpenvereine im dritten reich und wie sie sich willfaehrig instrumentalisieren liessen), ich denke, der oesterreichische zeitungsleser gehoert bei diesem thema zum bestinformiertesten der welt.

in letzter zeit scheint sich das allerdings zu aendern. aus „niemals vergessen!“ wird zunehmend „endlich wegmachen!“. konkret gibt es drei beispiele aus der juengeren vergangenheit:


  • hitler-ehrenbuergerschaften
  • grenzsteine der „reichsforste“
  • antiquarische ausgaben von „mein kampf“


es war eines der top-themen des heurigen sommerlochs: die eherenbuergerschaften adolf hitlers. angefangen in amstetten, wo man diese schleunigst aufheben liess, bishin zu klagenfurt, wo man sie aufhob, bevor ueberhaupt klar war, ob er dort jemals eine inne hatte. die links-buergerliche presse jubelte, die fpoe war der buh-mann, weil man dabei nicht mitspielte, mit dem verweis, dass ehrenbuergerschaften von ns-kadern prinzipiell vom allierten kontrollrat aufgehoben wurden, oder nach dem tod zeitlich erloeschen (was davon stimmt sei dahin gestellt, scheinbar wurde an dieser stelle nicht weiter geforscht).

meiner meinung nach war das ein fehler. am beispiel amstetten: hitler war - wie es in totalitaeren regimen so ueblich ist - zu dieser zeit in vielen staedten und gemeinden ehrenbuerger oder es gab zumindest einen „hitler-platz“ oder dergleichen. die einzig historisch korrekte vorgehensweise waere gewesen, diese „eherenbuergerschaft“ so zu belassen und eine gedenktafel am rathaus (oder etwas vergleichbares) anzubringen, die auf diese ehrerbietung aus dunkler zeit hinweist. so muesste der umgang mit der eigenen geschichte aussehen. irgendwie kann man ja froh sein, dass man nicht darueber diskutiert, mauthausen zu schleiffen; der gedankengang ist der selbe.

selbiges bei den grenzsteinen der bundesforste. da diese nach dem anschluss in den reichsforsten aufgingen, wurden grenzsteine mit der gravur/aufschrift „RF“ aufgestellt und bis heute wurden noch nicht alle wieder entfernt oder in „BF“ umbeschriftet. der tageszeitung der standard war dies sogar einen eigenen artikel wert, inklusive dem hinweis, dass „am sonntag niemand fuer eine stellungnahme erreichbar“ (sic!) war.

ebenfalls beim standard vermeldete man einen buchhaendler, der antiquarische ausgaben von hitlers „mein kampf“ in der auslage hatte und sie auch verkaufte. meines wissens nach ist das nicht verboten und moral macht bekanntlich nicht satt, dennoch wurde strafanzeige gestellt.

das ist ein antifaschistischer kardinalsfehler. „mein kampf“ ist nicht nur eines der sproedesten und langatmigsten manifeste der politgeschichte, sondern auch eines der skurrilsten und unfreiwillig selbstzynischsten. wuerde es nach mir gehen, dann wuerde man dieses buch im schulunterricht besprechen, denn danach kann man die nationalsozialistische ideologie unmoeglich laenger ernst nehmen. mit den verboten auf biegen und brechen mystifiziert man dieses werk allerdings und der geneigte leser wird es mit ganz anderen augen betrachten.

vielleicht sollte man langsam darueber nachdenken, wie wir mit der eigenen geschichte umgehen. vielleicht ist es an der zeit, den mahnenden finger etwas zu reduzieren und dazu zu stehen, dass man einmal teil davon war und auch einzugestehen, dass man hass sehr effektiv damit bekaempfen kann, indem man ihn der laecherlichkeit preis gibt. charlie chaplin erkannte das ja schon recht frueh.